Jose Maria Morelos: Weitermachen, auch wenn es schwierig ist

Als wir in Jose Maria Morelos, einem eine Stunde von Felipe Carrillo Puerto entfernten Dorf, ankamen, warteten schon unzählige Menschen. Ich ging durch die Reihen und sah eine junge Frau, vielleicht 18 Jahre alt, die ihren kleinen Sohn im Arm hielt und ihm immer wieder über die Stirn strich. Ich fragte nach seinem Namen, er hieß Santiago und war geistig behindert. Eine andere Mutter brachte ihre kleine Fernanda mit, die nicht gehen konnte. Miguel, 12 Jahre alt, wurde von seiner Großmutter begleitet, er war blind. In den Reihen der Wartenden sah man viele Kinder mit geistigen oder körperlichen Behinderungen -- auffallend viele. Sie kamen mit ihren Eltern, Geschwistern oder Großeltern, die sich um sie sorgten und hofften, jemand könnte sie heilen.

Wir waren an diesem Ort mit den Grenzen unserer Möglichkeiten konfrontiert. Diese Kinder, die wir gesehen und untersucht haben, brauchen nicht nur ständige medizinische Betreuung, sondern auch Förder- und Bildungsprogramme.  Es fehlen hier jedoch die notwendigen Strukturen. „Der Staat kümmert sich nicht genug um die Leute hier“, erzählte eine junge Grundschullehrerin, die geholfen hatte, unseren Einsatz in dem Ort zu organisieren. Beinahe beiläufig erwähnt sie, daß 1999 in Jose Maria Morelos und den umliegenden Dörfern in wenigen Monaten auffallend viele taubblinde Kinder geboren wurden. Meine Frage nach der Ursache kann sie nicht beantworten, niemand könne das. Es gibt keine Untersuchungen darüber, kein öffentliches Interesse an solchen Fällen. Was mag da passiert sein, was steckt dahinter? Wir wissen es nicht.

Wir sahen einige dieser Kinder. Wir können nicht viel für sie tun. Es übersteigt unsere Möglichkeiten. Der Gedanke an sie wird uns immer wieder daran erinnern, wie wichtig es ist, in dieser Gegend neue Strukturen zu schaffen. Dazu wollen wir unseren Anteil beitragen, auch wenn er noch gering sein mag. Wir werden nach Jose Maria Morelos zurückkehren.

Noch bis in den späten Nachmittag kamen Patienten, einige warteten von morgens bis spät in den Abend. Am Ende hatten wir rund 850 Menschen behandelt.

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