Gesundheitsförderung in Quintana Roo – Interview mit Dr. Ana Sofia Domit

Dr. Ana Sofia Domit ist die stellvertretende Leiterin unseres Teams in Quintana Roo. In dem Interview spricht sie über ihre Ziele und das Präventionsprogramm, das von Medical Mission Network entwickelt wurde.

Dr. Ana Sofia Domit

Frau Dr. Domit, können Sie kurz skizzieren, welche Ziele Medical Mission Network in Quintana Roo verfolgt?

 

Dr. Ana Sofia Domit: Nun, ich versuche es mal mit einer allgemeineren Antwort: Wir möchten den Bedürftigen medizinische Versorgung anbieten, weil jeder Mensch ein Recht darauf hat. Indem wir ihnen dazu verhelfen, zeigen wir auch, dass wir die Armen achten und respektieren.

Das klingt allerdings nach einem sehr großen Ziel, eigentlich sogar nach einer Lebensaufgabe.

 

Dr. Ana Sofia Domit: Ja, der Ausdruck Lebensaufgabe trifft es tatsächlich gut ... Aber die entscheidende Frage ist, was wir tun können, um dieses Ziel zu erreichen. Als Erstes müssen wir schauen, was unsere Patienten brauchen, welche Bedürfnisse sie haben. Dann müssen wir uns überlegen, welche Mittel uns zur Verfügung stehen, um ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Diese Fragen klingen einfach, aber es setzt einen langen Beobachtungsprozess und viele Erfahrungen voraus, um dafür eine passende Strategie zu entwickeln. Es genügt ja nicht, dass wir als Ärzte in die Dörfer hineinfahren, dort Sprechstunden und einzelne Maßnahmen anbieten. Nein, wenn wir die Gesundheit der Menschen langfristig verbessern wollen, müssen wir uns genaue und sehr konkrete Ziele setzen, quasi für die nächsten Jahrzehnte. Wir müssen ein Programm implementieren, in das die verschiedenen Maßnahmen eingebunden sind.

Können Sie ein Beispiel nennen?

 

Dr. Ana Sofia Domit: Ja, ein gutes Beispiel ist unser Ernährungsprogramm für Kinder. Wir haben es entwickelt, weil viele gesundheitliche Probleme unserer Patienten ernährungsbedingt sind. Wenn wir daran etwas ändern wollen, müssen wir so früh wie möglich ansetzen, also schon bei den Kindern. Die Zeit der Schwangerschaft, die ersten Lebensjahre und die Umstände, unter denen sich all dies vollzieht, spielen für die Gesundheit des Kindes eine große Rolle. Wir widmen daher werdenden Müttern viel Aufmerksamkeit, bieten ihnen Gesundheits- und Ernährungskurse sowie persönliche Beratung an und natürlich die medizinischen Leistungen, die sie benötigen. Besonders wichtig ist es, dass sie erfahren, wie sie ihre Kinder bzw. die ganze Familie gesund ernähren können. Das ist ein bedeutender Schritt, damit sich langfristig die gesundheitliche Situation in einem Dorf verbessert.

Ein für Mexiko einmaliges Konzept

Haben Sie denn die Möglichkeit, die Frauen in ihren Dörfern so eng zu betreuen? Ein solches Präventionsprogramm erfordert doch sicher einen hohen personellen Aufwand.

 

Dr. Ana Sofia Domit: Das ist in der Tat der entscheidende Punkt. Die Frauen können nicht in unser Zentrum nach Chetumal kommen und sich dort beraten lassen, dafür fehlen ihnen die Transportmöglichkeiten. Es war also klar, dass wir in den Dörfern stärker präsent sein müssen. Deshalb haben wir ein Konzept entwickelt, das für Mexiko wohl einmalig ist: Wir bilden in unserem Zentrum in Chetumal Gesundheitsberater aus. Das sind Leute aus den Dörfern, die nach ihrer Ausbildung die Menschen dort beraten können. Wenn Kinder geboren werden, bieten die Gesundheitsberater den Müttern eine intensive Begleitung an. Auf diese Weise können wir gesundheitliche Probleme bei den Kindern oder Entwicklungsverzögerungen schnell erkennen. Vor allem geht es aber darum, dass die Kinder in einer gesunden Umgebung aufwachsen. Gesunde Ernährung ist ein Baustein, aber die Kinder sollen auch in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung gefördert werden. Damit wir das Bestmögliche für sie tun können, bauen wir unser Präventionsprogramm noch weiter aus. Wir bilden kontinuierlich Gesundheitsberater aus. Im Grunde konnten wir so auch eine Lücke schließen: Wir Ärzte sind ja dauernd unterwegs, reisen von Dorf zu Dorf und müssen ein riesiges Gebiet abdecken. Die Gesundheitsberater sind immer nahe bei den Patienten. Dank ihrer Hilfe können wir die Patienten in den Dörfern nun kontinuierlich betreuen und schnell reagieren, wenn wir gebraucht werden.

Vielen Dank für das Gespräch!


Das Interview führte P. Bennet Tierney, LC.