Interview mit P. Bennet Tierney

Honduras: "Medizinische Versorgung ist für die Dorfbewohner unerreichbar"

Pater Bennet Tierney LC, Gründer von Medical Mission Network, ist nach Honduras gereist und hat dort mögliche neue Einsatzorte besucht. Über seine Eindrücke berichtet er in dem Interview.

Sie sind vor kurzem von einer Reise nach Honduras zurückgekehrt. Können wir also damit rechnen, dass es in Zukunft auch dort medizinische Einsätze von Medical Mission Network geben wird?

P. Bennet Tierney: Ja, das ist unser Plan. Deshalb bin ich mit zwei Ärzten von unserem mexikanischen Team, Dr. Juan Pablo Aguilar Mendoza und Dr. Ana Sofia Domit, dorthin gereist. Wir haben verschiedene Dörfer besucht, um zu sehen, ob wir dort arbeiten können und wie die Infrastruktur aussieht. Wir würden gerne im Juli 2023 einen ersten Einsatz organisieren. Allerdings nicht von Deutschland aus, sondern von Spanien. Dort hat sich ein Team von Ärzten gebildet, die gerne für Medical Mission Network Einsätze organisieren und im Laufe der Zeit eine medizinische Grundversorgung für die verarmte Landbevölkerung von Honduras aufbauen möchten. Orientieren können wir uns dabei an dem Modell, das wir in Mexiko so erfolgreich etablieren konnten: Gemeinsam mit lokalen Ärzten wollen wir neue Strukturen erschaffen.


Gibt es einen bestimmten Grund, warum Sie Honduras als Einsatzland ins Auge fassen?

P. Bennet Tierney: Honduras würde sich gut eignen, weil wir dort schon auf eine vorhandene Infrastruktur zurückgreifen können. Denn die amerikanische Hilfsorganisation Hope for a Healthier Humanity arbeitet schon länger in der Region und bietet dort vor allem Ernährungsberatung für werdende Mütter und Kinder an, sie konnte dafür rund 150 lokale Mitarbeitet gewinnen und ist in 70 Dörfern aktiv. Mit dieser Organisation arbeiten wir schon seit Jahren zusammen, und wir haben beschlossen, uns gemeinsam in Honduras zu engagieren. Unser Start dort wird uns also ziemlich leicht gemacht.


Begrüßungskomitee

Kardinal Oscar Maradiaga mit P. Bennet Tierney

Wartende Dorfbewohner

Was waren Ihre ersten Eindrücke, als Sie in Honduras angekommen waren?


P. Bennet Tierney: Nun, erstmal war ich froh, als wir nach unserem Flug um halb zwei nachts Ortszeit im Hotel ankamen ... Denn am nächsten Morgen ging es schon um 6 Uhr weiter. Wir besuchten einige Dörfer, und das nächste war vier Stunden Autofahrt entfernt – es ging über die holprigsten Pisten, die ich je gesehen habe. Aber der Anblick, der sich uns dabei bot, entschädigte uns für alle Unbequemlichkeiten: eine wirklich spektakuläre Gebirgslandschaft! Als wir in Toncontin, einem abgelegenen Dorf, angekommen waren, wurden wir von Kindern begrüßt, die mit bunten Luftballons winkten. Es hat mich sehr berührt, dass sie sich so sehr über unseren Besuch gefreut haben.

Wie sind die Lebensverhältnisse in den Dörfern?

P. Bennet Tierney: Die Menschen leben in extremer Armut. Viele Dörfer sind wegen ihrer Lage im Gebirge schwer zugänglich, und insgesamt ist der Bedarf an medizinischer Unterstützung noch weitaus größer, als wir es bei unseren Einsätzen im mexikanischen Dschungel erlebt haben. Dort gibt es wenigstens kleine, wenn auch schlecht ausgestattete Gesundheitszentren. Wer in Honduras in einem Gebirgsdorf lebt, ist schon wegen des schlechten Zustands der Straßen und Wege von medizinischer Versorgung abgeschnitten.

Was hat Sie bei dieser Reise besonders beeindruckt?

P. Bennet Tierney: Die Begegnung mit den Dorfbewohnern war sehr motivierend. Sie waren so gastfreundlich, offen und interessiert. Ich hoffe sehr, dass wir bald zu ihnen zurückkehren können. Besonders gefreut habe ich mich auch, dass wir in Honduras einen Termin bei Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga hatten, er ist Erzbischof von Tegucigalpa, der Hauptstadt von Honduras. Er hat sich über eine Stunde Zeit für uns genommen und uns in unserem Vorhaben sehr bestärkt. Ich bin nun der festen Überzeugung, dass wir dort arbeiten müssen, denn die Menschen brauchen dringend Unterstützung.